Ein Kommentar zur aktuellen weltpolitischen Lage
Irgendwie gerät die Welt aus den Fugen, wenn gewisse Standards des internationalen Zusammenlebens nichts mehr gelten. Von dem neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump ist man inzwischen ja schon einiges gewöhnt, aber dass er so ungeniert auf der Weltbühne herumtrampelt, das haben viele doch nicht für möglich gehalten. Mit der Kündigung des Pariser Vertrags zum Weltklimaschutz hat er sein jüngstes „Kabinettsstückchen“ geliefert. Nur Staaten wie Syrien oder Nicaragua haben sich bisher dem Abkommen ferngehalten, immerhin 195 Staaten der Welt haben sich auf die gemeinsamen Standards festgelegt.
Wenn auch das Klimaschutzabkommen bei manchen Experten in der Kritik steht, so ist doch beachtlich, dass sich weltweit so viele Staaten dazu bekennen. Ehrlich: Für die meisten Länder ist die Unterschrift ein reines Lippenbekenntnis und die armen Staaten verbinden damit die Erwartung, vom industriellen Westen Hilfsgelder zu bekommen. Ob diese Mittel aber tatsächlich in Asien und Afrika in den Klimaschutz investiert werden, wird von den Kritikern in Frage gestellt.
Wichtig ist bei der Entscheidung des US-Präsidenten die dahinter stehende Philosophie, wonach die wirtschaftliche Entwicklung der Vereinigten Staaten („Amerikca first“) durch das Klimaschutzabkommen gebremst wird. Trump hat der Ölindustrie zu viele Versprechungen gemacht, die er jetzt einlösen will.
Es ist zu erwarten, dass es mit seiner Anti-Klimaschutz-Politik ähnlich läuft wie mit seiner Ankündigung, Moslems aus bestimmten Ländern von den USA fernzuhalten, eine Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen und Handelshemmnisse für die Automobilhersteller aus Deutschland zu schaffen. Die Ansätze Trumps müssen größtenteils noch durch die politischen und juristischen Gremien. Sie sind daher zunächst einmal pure Verbalakrobatik. Wirksam wird die Kündigung erst 2020 und glücklicherweise erst einige Tage nach der ersten Amtszeit des Präsidenten, wie findige Chronisten recherchiert haben. Ein neuer Präsident könnte also zurückrudern. Das aber ist Zukunftsmusik. Der jetzt Amtierende wird wohl in den nächsten Jahren noch genügend Porzellan kaputtschlagen, wenn er nicht gebremst wird. Man darf mit Spannung erleben, wie sich sein Umfeld weiter verhält.
Die Vorgänge zeigen: Es kommt künftig noch mehr als bisher auf die politisch erfahrene deutsche Kanzlerin an! Sie hat sich in den letzten Tagen in ihrer Münchner Bierzeltrede schon auffällig klar über Trump geäußert und signalisiert, dass sie willens ist, ihre Führungskraft auszuspielen. Nicht nur die Deutschen, wohl auch die anderen Völker erwarten von ihr, dass sie dem US-Präsidenten die Stirn bietet. Diplomatisch geschickt hat sie die Fühler nach China und Indien ausgestreckt. Diese Länder sind zwar auch große Klimasünder, aber sie stellen sich wenigstens der gemeinsamen Aufgabe. Das Verhalten Trumps eröffnet neue Perspektiven in der Weltpolitik. Es erwartet uns eine spannende Zeit, in der Twittermeldungen die klassische Diplomatie ersetzen.
Innenpolitisch hat Trump damit der Kanzlerin einen riesigen Gefallen getan. Positioniert sie sich als diejenige Politikerin von internationalem Rang, die sich nicht einschüchtern lässt, hat sie alle auf ihrer Seite, denen Trumpf zuwider ist. Und das sind wohl die meisten Menschen in Deutschland – und nicht nur hier. Merkel muss im engen Schulterschluss mit Emmanuelle Macron die Dinge in Europa richten. Die weltpolitische Entwicklung muss dazu führen, dass die Europäer wieder enger zusammenrücken und sich behaupten – nicht nur gegenüber China und Russland, sondern auch gegenüber den USA.
Werner Falk, Stadtrat der FDP in Gunzenhausen
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