Heimat- und Denkmalpflege in unserer „nachkirchlichen“ Gesellschaft
„Wenn aus Betroffenheit Engagement entsteht, kann aus Bedrohung auch neues Leben erwachsen.“ Dieser Satz gibt Hoffnung all denen, die sich um den Bestand der kirchlichen Gebäude und Denkmäler sorgen. Dr. Norbert Göttler, der oberbayerische Bezirksheimatpfleger, greift in der aktuellen Ausgabe der „Schöneren Heimat“, dem Magazin des Landesvereins für Heimatpflege, die Probleme auf, die in unserer heutigen Zeit bestehen und die von den Soziologen als „nachkirchlich“ bezeichnet werden. Ob sich daraus auch eine „nachchristliche“ Gesellschaft formiert, das ist ungewiss, bei den veränderten Wertevorstellungen der Menschen allerdings anzunehmen.
Zunächst die harten Fakten: Nur mehr 60 Prozent der Deutschen gehören einer der christlichen Kirchen an (je 30 Prozent Katholiken und Protestanten), 40 Prozent sind konfessionslos, zwei bis fünf Prozent sind Muslime (so genau weiß es niemand). Nur drei Prozent der Deutschen gehen in den katholischen Gottesdienst, lediglich ein Prozent besucht die evangelische Kirche regelmäßig. Die katholische Beichtpraxis ist – so die ernüchternde Feststellung von Dr. Göttler – praktisch zum Erliegen gekommen. In vielen katholischen Diözesen gibt es heute schon mehr Kirchenaustritte als Taufen. Zudem sind 80 Prozent der katholischen Schwestern und 60 Prozent der Mönche über 65 Jahre alt. Immer mehr Klöster müssen aufgelöst werden und immer mehr Gemeinden haben keinen eigenen Seelsorger mehr. In Bayern sieht es etwas besser aus, aber auch hier ist die Tendenz erkennbar: die Kirchlichkeit erodiert. Ist diese Entkirchlichung nun gut oder schlecht für die Gesellschaft? Der Autor aus Benediktbeuren hat darauf auch nur die eine Antwort: „Jeder muss für sich selbst entscheiden, es gibt viele unterschiedliche Antworten.“
Die Kirchen waren und sind in Deutschland als Eigentümer von Kirchen, Klöster, Pfarrhäusern und sonstigen Immobilien sachkundige Partner der staatlichen und regionalen Denkmalpflege. Sie investieren viel Geld in den Erhalt ihrer Gebäude, aber sie müssen sich mit den Gedanken beschäftigen, die Häuser verfallen zu lassen oder sie zu verkaufen. Ein gutes Beispiel kommt aus Großbrittanien, wo es zwei große Stiftungen gibt („National Trust“ und „English Heritage“) viele Kulturgüter erhalten und bei der Bevölkerung auf ein unglaubliches Maß an Solidarität stoßen. „Der staatliche Ankauf wird bei uns nur in Einzelfällen gelingen“, sagt Göttler, aber er sieht durchaus die Chance, dass durch die Umnutzung von kirchlichen Räumlichkeiten die moderne Gesellschaft einen Zuwachs an identitätsstiftenden Orten erlebt.
Ein Ansatz besteht in dem Konzept, das der Landesverein für Heimatpflege vorgelegt hat: „Stiftung Kulturerbe Bayern“. Über allem steht die Verpflichtung aller verantwortungsvollen Menschen, unsere Heimat vor Verlusten zu bewahren.
Werner Falk
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