Die Liebe geht auch bei den Chinesen durch den Magen

Ruth Fends kulinarische Reise durch das Land

Das Vorurteil hält sich hartnäckig. Wer von der chinesischen Küche spricht, dem fallen allerhand schauerliche Geschichten ein, die er schon einmal gehört hat. Viele davon sind Märchen, andere wiederum haben durchaus einen realen Hintergrund. Die Chinesen wollen aber zivilisierter werden. „Hunde am Haken“ und „Ratten am Spieß“ gibt es höchstens noch in der abgelegenen Provinz, in den Zentren begnügt man sich mit Eselshoden oder Tierpenisen.
Ruth Fend, eine 36-jährige Journalistin aus Berlin, hat dieser Tage ihr Buch „Wok n roll“ vorgestellt, das im Untertitel schon alles sagt: „Wie ich kochen lernen wollte und dabei China entdeckte“. Sie will ihren Lesern die Scheu vor der chinesischen Küche nehmen. Als die Financial Times Deutschland“, für die Ruth Fend zwei Jahre Korrespondentin in China war, ihr Erscheinen einstellte, da realisierte sie ihre Idee, im Land zu bleiben und es noch besser kennenzulernen, indem sie den Köchen in ihre av_fend_china_rz.inddTöpfe guckt, mit ihnen Nudeln zieht oder auf den Markt geht.
Sie sagt, die einheitliche chinesische Küche gibt es nicht, denn die 23 Provinzen sind zu unterschiedlich. Würden alle chinesischen Mädchen auf Chilli versessen sein, dann würden beispielsweise die jungen Frauen aus Sichuan als die schärfsten gelten. Die Autorin hat auf ihrer Reise quer durch das Land nur aufgeschlossene Menschen getroffen, die gern mit ihr gekocht haben. Wer Interesse für ihre Küche hat, der hat auch einen Platz in ihren Herzen. „Hast Du schon gegessen?“ Das ist die Standardbegrüßung im Reich der Mitte, analog der Formel „Wie geht es?“ in Deutschland. Deutsche reden über das Wetter, wenn sie nicht wissen, was sie zu fremden Leuten sagen sollen, Chinesen tauschen ihre neuesten kulinarischen Erlebnisse aus. Freilich könnte die Lebensmittelkontrolle im Land besser sein. Der auf Reinlichkeit fixierte europäische Gast muss Abstriche machen. „Andere Länder, andere Sitten!“ In China macht der Besucher jeden Tag diese Erfahrung. Man darf eben nicht zu pingelig sein, sondern sollte offen für alles, auch die ungewöhnlichsten Dinge. Manches wirkt auf Europäer absonderlich. Beispielsweise wird das Wasser für den Reis, der dreimal gewaschen wurde, nicht weggeschüttet, sondern die Frauen waschen sich damit das Gesicht, denn schließlich ist das gut für die Haut. Und daran glauben sie fest.
Auf ihren Touren hat die Autorin das Alltagsleben der Chinesen mitbekommen. Sie wollte schließlich nicht die Schaufensterseite sehen, sondern das reale Leben kennenlernen. Ihre Kontaktpersonen hat sie vielfach erst über das Internet kennengelernt. Sie schreibt von den kolossalen gesellschaftlichen Veränderungen. Ihr ist aufgefallen: Den jungen Chinesen geht es heutzutage nur ums Geld. Sie träumen vom wirtschaftlichen Aufstieg. Jeder, der einigermaßen etwas im Hirn hat, möchte ein Start-up-Unternehmen gründen und möglichst schnell viel Geld verdienen. Dabei lösen sich die familiären Bande nicht so schnell auf wie in Europa. Junge Leute haben bei der Auswahl ihrer Partner nicht freie Hand, ist es üblich, dass die Eltern noch ein Wort mitreden. Manche Dinge kommen westlichen Besuchern seltsam, ja schrullig vor. Beispielsweise praktizieren die Frauen nach der Geburt ihres Kindes den Sitzmonat, das heißt, dass sie nach traditionellem Verständnis vier Wochen lang nur daheim herumsitzen, nicht duschen und auch nicht Zähne putzen, weil das schlecht für ihre Gesundheit wäre. Auch die Fenster werden in dieser Zeit nicht geöffnet, denn der Luftzug könnte schädlich sein. Fernsehen gibt es auch nicht, weil die schnell wechselnden Bilder nicht gut sind.
Wer China, seine Menschen und ihre Alltagsgewohnheiten kennenlernen will, für den ist das Buch von Ruth Fend eine prima Einstimmung.

Ruth Fend: „Wok n Roll“, Aufbau-Verlag, ISBN 978-3-351-03589-1, 16,95 Euro.

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