Alltagsrassismus in der Schule

Lesungen mit Kathrin Schrocke im SMG und in Berufsschule

Schreibt Jugendbücher mit viel Stoff zum Nachdenken: Kathrin Schrocke bei ihrer Lesung in der Aula des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Altmühlfranken. Foto: Babett Guthmann

Die Jugendbuchautorin Kathrin Schrocke ist sich sicher: Das Thema ‚Rassismus in der Schule‘ polarisiert und ruft ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Rund 35 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 20 Jahren haben einen Migrationshintergrund. Sowohl sie als auch ihre Klassenkameradinnen und Klassenkameraden sowie die Lehrkräfte haben sicherlich ganz unterschiedliche Erfahrungen mit rassistischen Äußerungen oder rassistischem Verhalten gemacht. Auch unter den Leserinnen und Lesern von Kathrin Schrockes neuestem Jugendbuch „Weisse Tränen“ gibt es unterschiedliche Haltungen. Die Autorin berichtet von vielen positiven Rückmeldungen, aber auch von Hassmails. Ihr Vorschlag an ihr Publikum: „Ihr macht euch selber eine Meinung!“

Zwei Lesungen haben die Wirtschaftsschule Gunzenhausen und das Simon-Marius-Gymnasium in Zusammenarbeit mit der Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen für die Schülerinnen und Schülern der achten Klassen organisiert. Und an beiden Schulen gibt es eine gespannte Aufmerksamkeit im Publikum, wenn die Autorin von den Vorgängen in der Theater-AG eines ländlichen Gymnasiums im Schwarzwald erzählt. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zwischen Lenni, dessen Eltern ein örtliches Unternehmen führen, und Serkan, dem Enkelsohn einer Gastarbeiterfamilie. Beide machen in der Theater-AG der Schule mit, Serkan als Schauspieler, Lenni als Techniker. Geleitet wird die AG von einem älteren Lehrer Prasch, ein netter und schlagfertiger Typ, bei den Jugendlichen beliebt, auch wenn er manchmal auf Serkans Kosten „harmlose“ Witze reißt und ihn scherzhaft „Osama“ nennt, also mit dem Namen eines arabischen Terroristen anspricht.

Darauf reagiert niemand aus der Klasse. Auch Serkan bleibt am liebsten unter dem Radar der Aufmerksamkeit und möchte einfach dazugehören. Bis der neue Mitschüler Benjamin Schreitmüller an die Schule kommt. Die erste Frage, die ihm Lehrer Prasch mit Blick auf seine schwarze Hautfarbe stellt: „Benjamin, wo kommst du her?“ Die Antwort „aus Leipzig“ quittiert der Lehrer mit Staunen und lässt sich zu Frage hinreißen, ob denn nicht eigentlich aus Ghana… Zum ersten Mal platzt da Benjamin der Kragen und immer wieder thematisiert er im Schulalltag jede rassistischen „Mikroaggression“, die er erkennt.

Als dann in der Theater-AG das Musical „King Kong“ aufgeführt werden soll und Lehrer Prasch für Serkan die Rolle des Affen vorschlägt, eskaliert das Ganze. Lenni, der bislang seinem Lehrer die dummen Witze auf Kosten Serkans immer sofort verziehen hat, muss plötzlich Stellung beziehen…

Bei ihrer sehr lebendigen Lesung stößt Kathrin Schrocke beim jungen Publikum auf viel vorsichtige Zurückhaltung, aber auch auf einige gut durchdachte Redebeiträge. Sie kennt das: „Wenn man Rassismus anspricht, sinkt die Raumtemperatur gefühlt um 10 Grad, das ist ein Stimmungskiller…“ Sie benennt auch das Phänomen der „Weißen Tränen“: Eine Person, die wegen Rassismus angegriffen wird, fühlt sich sofort verletzt. Für Kathrin Schrocke wäre eine andere Verhaltensweise richtig: Nachfragen, zuhören, nicht gleich eine empörte Abwehr-Haltung einnehmen!

Die in Essen lebende Autorin Kathrin Schrocke hat Germanistik und Psychologie studiert, einige Jahre in einem Kinderbuchverlag gearbeitet, ehe sie ihre Laufbahn als freie Schriftstellerin begann. Viele ihrer Jugendbücher wurden zu Klassenlektüren.

Kathrin Schrocke: „Weisse Tränen“ erschienen im Jahr 2023 im Münchner Verlag Mixtvision. ISBN: 978-3-95854-205-1, Preis 17,- Euro

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