Zehn Bäume gegen das Vergessen

Jüdische Gäste pflanzten auf dem Hindenburgplatz

V.l.n.r.: Peter Schnell, Mitglied der Gunzenhäuser Dialoggruppe und Zweiter Bürgermeister der Stadt Gunzenhausen, Shulamit Reinharz, Sprecherin Nachkommen jüdischer Familien, Stefan Mages, Sprecher Gunzenhäuser Dialoggruppe; „BH5“ pflanzten zehn Bäume.


Im Judentum sind Bäume von zentraler Bedeutung. Nicht nur in der Tora wird der Baum mehrfach erwähnt, mit Tu Bischwat ist den Bäumen sogar ein Neujahrsfest gewidmet. Natur ist für uns Menschen da und wurde nach göttlichem Plan geschaffen. Diese Schöpfung gilt es zu schützen, stehen Bäume doch für das Geschenk des Lebens. Frei nach dem Buch Mose ist der Mensch wie ein Feldbaum, er wächst und gedeiht, muss aber auch vor Schäden bewahrt werden. Vor kurzem haben Nachkommen jüdischer Familien aus Gunzenhausen zehn junge Ahornbäume auf dem Hindenburgplatz gepflanzt. Als „trees of rememberance“ sollen die Bäume künftig Mahnmal und Hoffnungsschimmer sein, ein lebendiger Hinweis auf ein schreckliches Kapitel Stadtgeschichte. Angeregt wurde die Aktion von der Gunzenhäuser Dialoggruppe, die sich seit Jahren um eine Annäherung bemüht. Rund 30 jüdische Menschen aus der ganzen Welt sind nach Gunzenhausen gereist um mit der Dialoggruppe über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu sprechen. Die Baumpflanzung am Hindenburgplatz war der Abschluss einer intensiven Annäherung. An einem symbolischen Platz wurden kräftige Wurzeln für eine gemeinsame Zukunft gesetzt.

Das Foto unten zeigt die gesamte Gruppe am Hindenburgplatz

„Wir haben den Hindenburgplatz bewusst als Standort für die Bäume gewählt“, erklärt Peter Schnell, Mitglied der Dialoggruppe und Zweiter Bürgermeister der Stadt Gunzenhausen. „Hier haben die Gunzenhäuser Nazis 1936 eine Gedenkstätte für die Opfer des Ersten Weltkriegs
eingeweiht. Gezielt haben sie die Namen gefallener jüdischer Soldaten verschwiegen. Diese wurden erst in den 1950er-Jahren am Mahnmal nachgetragen. Die neuen Bäume sollen uns an diese schreckliche Vergangenheit erinnern. Sie sind sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus, Verfolgung und Gewalt.“
Die Forschung geht aktuell von 107 jüdischen Frauen, Männern und Kindern aus Gunzenhausen aus, die während der Nazi-Zeit in der Shoa ums Leben kamen. Die Stadt Gunzenhausen stellt sich ihrer Vergangenheit und bemüht sich seit Jahren um einen fruchtbaren Dialog mit jüdischen Nachkommen. Die Aufarbeitung ist nicht immer einfach, gemeinsam wird jedoch an einer Zukunft des Miteinanders gefeilt. „Auch, wenn wir Geschichte nicht ändern können, übernehmen wir heute Verantwortung“, betont Peter Schnell. „Die Bäume sind ein Blick in die Zukunft und sollen auch Kinder und irgendwann deren Kinder an die furchtbare Vergangenheit erinnern. Der Hindenburgplatz soll mit seinem Kriegerdenkmal nicht mehr nur den Tod repräsentieren, sondern künftig auch das Leben und den Frieden.“
An den gepflanzten Bäumen wurde jeweils eine Gedenktafel angebracht. Jede Tafel steht für eine vertriebene Familie, namentlich sind es die Bermanns, die Dottenheimers, die Eisens, die Hellmanns, die Landaus, die Lehmanns, die Rosenfelders, die Rothschilds, die Strauß´ und die Teitelbaums.
Weiterführende Informationen zum Jüdischen Leben in Gunzenhausen sind unter jl-gunzenhausen.de jederzeit abrufbar.

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