Kommentar von Werner Falk
Wäre der Prozess gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff vor einem bayerischen Gericht, würden wahrscheinlich über das „bayerische Bauerntheater“ spötteln. So aber spielt sich das Verfahren bei den Niedersachsen ab, die allgemein als nüchtern gelten und somit nicht der bayerischen Lebensart entsprechen.
Ich behaupte von mir, ein Verfechter des liberalen Rechtsstaats zu sein. Aber wenn ich die Tagespresse lese und verfolgte, was sich im und um den Prozess in Hannover alles abspielt, dann muss ich zweifeln, ob die handelnden Personen noch alle nach den Gesetzmäßigkeiten eines ordentlichen Gerichtsverfahrens handeln. Die Staatsanwaltschaft bemüht sich seit Monaten, dem einstigen Bundespräsidenten Vergehen anlasten zu können, die sich im Laufe der Zeit alle als mehr oder minder nichtig erwiesen haben. Geblieben sind letztendlich nur die 750 Euro, die Wulff angenommen haben soll. Das ist herzlich wenig, gemessen an dem ganzen Aufwand und auch an den Kosten des Verfahrens.
Es ist auch für die Journalisten und die Medien in unserem Land kein Ruhmesblatt, dass sie sich – gleichsam wie eine Meute – auf das vermeintliche Opfer gestürzt haben. Jedenfalls waren die märchenhaftesten Geschichten zu lesen. Zugegeben: Sie hatten alle Unterhaltungswert für Leser, Hörer und Fernsehzuschauer, mehr ist aber nicht geblieben. Ziemlich kleinlaut muss jetzt eingeräumt werden, dass die ganze Hatz auf Wulff ein Medienhype war. Schließlich waren es nicht nur die „Leitmedien“ in Deutschland, die überzogen haben, das Thema hatten zudem selbst die Lokalredaktionen noch ausgewalzt. Es stünde den Kritikern an, ihr Verhalten zu hinterfragen. Aber das ist wohl zuviel verlangt. Es wird bald den nächsten Medienhype geben – und wieder wird sich alles so abspielen wie gehabt. Wichtig ist, dass die Leute unterhalten werden, die Einschaltquoten hochgehen und die Auflagen der Zeitungen stabilisiert werden.
Ich komme zur juristischen Seite des Wulff-Prozesses. Mit Befremden nehme ich zur Kenntnis, wie sich der Richter verhält. Ich war bisher der Meinung, in einem laufenden Verfahren dürfe sich das Gericht nicht öffentlich zum Gegenstand und dem Verlauf des Verfahrens äußern, um nicht in den Verdacht zu geraten, irgendwie eine vorgefasste Meinung zu haben. Jetzt lese ich, dass sich der Richter Frank Rosenow mit der Staatsanwaltschaft emotionale Auseinandersetzungen liefert, und das nicht nur im Gerichtssaal (wo es noch hinnehmbar wäre), sondern über die Medien. Ich verstehe, dass ihm das ganze Verfahren mit immer wieder neuen und fadenscheinigen Anträgen ziemlich auf die Nerven geht, aber von einem Richter erwarte ich, dass er sich im Griff hat zum Verfahren schweigt bis er das Urteil gesprochen hat. Danach darf er es begründen. Aber vorher hat er sich nach meinem Rechtsverständnis zurückzuhalten. Auch die Staatsanwaltschaft sollte sich mit öffentlichen Äußerungen zurückhalten. Aber von dieser Seite sind wir ja in der Zwischenzeit auch allerhand gewöhnt, was nicht ganz korrekt ist. Wir erinnern uns an die spektakuläre Verhaftung des früheren Post-Managers Klaus Zumwinkel und an die sonderbare Rolle des Staatsanwalts im Prozess gegen den „Wetteronkel“ Kachelmann.
Neueste Kommentare