Tag Archives: Krakau

Krakau – das Weltkulturerbe

Bildungsreise des Gemeindetags in Altmühlfranken

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und seine Frau Angelika vor der historischen Stadtkulisse des Wawel-Schlosses. Fotos: falk-report

Mit seinen 130 sakralen Kirchen gilt Krakau als das „Kleine Rom“. Die zweitgrößte polnische Stadt (900000 Einwohner, darunter 100000 ukrainische Flüchtlinge) darf sich seit 1978  UNESCO-Weltkulturerbe nennen, im Jahr 2000 war sie Kulturhauptstadt Europas. Die Heimat des vormaligen Papstes Karol Woityla (Johannes Paul II.) ist nach der Hauptstadt Warschau der größte touristische Anziehungspunkt.

Fünf Tage in der ehemaligen Residenzstadt (hier befinden sich in der Kathedrale auf dem Wawel-Hügel die Grabstätten der polnischen Könige)  reichen natürlich nicht aus, um die im Zweiten Weltkrieg von Bombardierungen und anderen Zerstörungen heil gebliebene Stadt in ihrer Gänze kennenzulernen.

Von links nach rechts: Bürgermeister Helmut Schmauser, Krakaus Stadtmarketingchef Daniel Wisnievski, Reiseorganisator Werner Mößner und Partnerschaftsreferentin Kinga Stoszek.

Krakau ist seit 1979 die Partnerstadt von Nürnberg, vom 11. bis 17. Jahrhundert war sie sie sogar die Hauptstadt von Polen. Zwischen den Städten Warschau und Krakau gibt es – so die Schilderung von Maria Wilamowska, die kürzlich eine Reisegruppe von Kommunalpolitikern aus Altmühlfranken begleitete – eine Art von Haßliebe: „Wenn die Warschauer Kultur brauchen, dann kommen sie zu uns“. Andererseits werden die Krakauer für geizig gehalten. Das erinnert an das Verhältnis von Nürnberg zu Fürth. In der Marienkirche auf dem Marktplatz (mit 200 Meter im Quadrat einer der größten in der Welt) ist übrigens ein Altar von dem Nürnberger Künstler Veit Stoß zu bestaunen. Zwölf Jahre hat er daran gearbeitet. Ein vier Kilometer langer Grünstreifen („Planty“) umschließt die Altstadt.

Im einstigen jüdischen Viertel Kazimierz ist die Zeit stehen geblieben.

Die Kathedrale auf dem Wawel-Hügel gilt als die wichtigste Kirche in ganz Polen. Vier Könige wurden hier gekrönt. Hier befindet sich auch die „Sigismundglocke“ – mit einem Gewicht von elf Tonnen und einem Durchmesser von 2,60 Metern die drittgrößte Glocke der Welt. Sie ist 1521 in Nürnberg gegossen worden und ertönt nur zu den vier größten kirchlichen Feiertagen. Von 1320 bis 1734 wurden hier die polnischen Könige gekrönt.  Etliche Grabdenkmäler aus Marmor sind von Veit Stoß.  Damit nicht genug des Nürnberger Einflusses: Hans Dürer, der jüngere Bruder des großen Meisters  Albrecht, hat die goldene Decke geschaffen. 1946 hat der spätere Krakauer Bischof Karol Woityla seine erste Messe gelesen.  Krakau (1257 gegründet) ist nicht nur eine alte, sondern mit seinen 120000 Studenten eine zugleich junge Stadt. Nikolaus Kopernikus, der Arzt und Astronom im 15. Jahrhundert, hat hier vier Jahre studiert.

Das Lager Auschwitz im Original. Hier galten menschenunwürdige Zustände.

Die Stadträte wissen, was sie dem Status ihrer Stadt schulden und haben deshalb ein Verkehrskonzept geschaffen, das den Busbetrieb in der City ausschließt. Die Besucher kommen ohnehin mit dem dichten Straßenbahnnetz am besten voran. Was im Straßenverkehr auffällt: die Autos sind langsam unterwegs und sie halten an, wenn Fußgänger den ersten Schritt auf die Fahrbahn tun. Erstaunt sind die älteren Bahnfahrer, wenn ihnen höflicherweise von jungen Leuten sofort deren Sitzplatz angeboten wird. Umfallen kann in der Bahn ohnehin niemand, denn es herrscht mitunter qualvolle Enge. Auffallend: die Züge sind peinlich sauber und frei von jeglichen „Verzierungen“.

Die Hefezopf-Kringel im Straßenverkauf. Ihn gibt es für etwa 0, 90 Euro).

Die Gruppe aus Altmühlfranken wird im Rathauspalais von Daniel Wisnievski, dem Direktor des Stadtmarketings, empfangen, der von einer vorbildlichen Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Nürnberg auf allen Ebenen spricht. Er wird im nächsten Jahr in die Noris kommen, wenn das Jubiläum „30 Jahre Krakauer Haus“ begangen wird. Werner Mößner (der frühere Bürgermeister von Langenaltheim hat die Reise akribisch vorbereitet) überreicht ihm eine 15 Millionen Jahre alte Versteinerung aus dem Jurasteinbruch und Bürgermeister Helmut Schmauser aus Absberg überrascht ihn mit einer Flasche „Kalber“. Wisnievski schildert, wie die Stadt die Aufnahme von rund 100000 ukrainischen Flüchtlingen mit starker INICEF-Hilfe bewältigt hat. Wie wichtig auch in Krakau der Kampf gegen die Desinformation ist, das unterstrich Kinga Stoszek, die bei der Stadt für die Partnerschaft mit Nürnberg zuständig ist.

Kazimierz heißt das ehemalige jüdische Viertel von Krakau, in dem vor dem Krieg 68000 Juden lebten, ein Viertel der damaligen Stadtbevölkerung.  Von 1941 bis 1943 hatten die Nazis hier ein Ghetto eingerichtet. „Viele Affären“, so die Stadtführerin, gab es bei der Rückkehr der einstigen jüdischen Eigentümer.  150 jüdische Menschen leben heute in der Stadt mit ihren einst sieben Synagogen. Heute gibt es nur noch eine, dazu eine Museumssynagoge.

Kulturtouristen besuchen meist die ehemalige Emailfabrik von Oskar Schindler, jenem Unternehmer, der mutig war und in seiner Firma 1200 jüdische Zwangsarbeiter vor dem sicheren Tod bewahrte. Der international hochgeschätzte Film „Schindlers Liste“ wurde zum Teil hier gedreht. Fünf Tage lang wird jährlich das Festival der jüdischen Kultur gefeiert.  

Werner Falk vor der mächtigen Kulisse des Wawel-Hügels in Krakau.

Eine Pflichtaufgabe für jeden Besucher Krakaus ist ein Abstecher nach Auschwitz (Oswiecim), dem größten Vernichtungslager der Nazis mit seinen 50 Außenanlagen. 90 Prozent der Juden, die hier vergast wurden, stammten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. 1,3 Millionen Deportierte und 1,1 Millionen Todesopfer sind die Bilanz des Holocausts an dieser Stelle (weltweit insgesamt sechs Millionen). Wer Auschwitz sagt, der meint auch Birkenau. In dem fünf Quadratkilometer großen Lager starben die Juden gleich nach ihrer Ankunft in sechs Gaskammern und vier Krematorien, andere verloren ihr Leben wenige Tage später infolge von Krankheiten, Misshandlungen oder an medizinischen Versuchen. Es war möglich, zeitgleich 800 Personen in den Gaskammern zu töten.

Ein touristischer Anziehungspunkt ist das Salzbergwerk Wieliczka, das bis 1996 in Betrieb war und seither museal, aber auch als Veranstaltungsort (in 130 Metern Tiefe) genutzt wird. Die Gänge auf neun Sohlen sind 3,5 Kilometer lang. Die Bergarbeiter waren in maximal 327 Metern Tiefe tätig. An die zwei Millionen Besucher kommen jedes Jahr, um 800 Stufen hinabzusteigen. Zum Trost für alle:  aufwärts geht es mit Paternoster.

Besuchergruppen werden im deutschen Konsulat empfangen. Dort bekommen alle Besucher, vor allem auch Geschäftsleute, wertvolle Hinweise auf die wirtschaftlichen Beziehungen beiden Länder und Antworten zu den sozialen und politischen Aspekten.

Deutsche Touristen stellen fest, dass sich das Preisniveau dem in den heimatlichen Regionen ähnelt. Ein Obwarzanek (Brotkringel aus Hefeteig) kostet etwa 90 Cent. Er wir an allen Straßenecken angeboten wie hierzulande die Salzbrezen.  Die „Halbe“ Bier gibt es im günstigen Fall für fünf Zloty (1,30 Euro), in besseren Lokalen werden zu 23 zl kassiert. In den gängigen Restaurants gibt es das dreigängige Menü für 100 bis 150 Zloty, das sind 25 bis 40 Euro. Das billigste Schnitzel gibt es in der Regel schon für acht Euro. Lebensmittel sind in Polen generell 40 bis 50 Prozent günstiger als in Deutschland. Das Bargeld spielt in Krakau (und vermutlich in allen polnischen Städten) eine immer geringere Rolle. Die Touristen zahlen mit ihrer Geldkarte – bequem und ohne jede Umrechnerei.

WERNER FALK

Nachtrag: Mit Interesse haben die altmühlfränkischen Besucher Krakaus das Ergebnis der Präsidentenwahl in der Nürnberger Partnerstadt verfolgt. 62,1 Prozent entfielen auf den Pro-Europäer Rafal Trzaskowski, 37,8 Prozent auf den Nationalisten Karol Nawrocki. Die Wahlbeteiligung lag bei 79,8 Prozent (in zwei Stimmbezirken waren es sogar 100 Prozent) und damit hinter der von Warschau (83,1 Prozent). Die Präsidentenwahl gewann mit 50,8 Prozent Nawrocki, Trzaskowski bekam 49,1 Prozent.