Kontrolle des Alkoholausschanks im Spalter Land
„Wer nichts wird, der wird Wirt!“ Ein altes Sprichwort besagt, dass eigentlich jeder Gastwirt werden kann. Aber ist das ganz so einfach? Notwendig ist immerhin eine Konzession, also eine behördliche Genehmigung. Die knüpfte sich schon von jeher an besondere Auflagen. Wie die behördliche Kontrolle des Alkoholausschanks früher im Spalter Land praktiziert wurde, das skizziert Marco Eckerlein in seinem Beitrag für die „Heimatkundlichen Streifzüge“, einer Publikation des Landkreises Roth, die jährlich erscheint und 4.60 Euro kostet.
„Von Spucknäpfen, Hofpinklern und ausdauernden Schlachtschüsseltouristen“ schreibt der Autor und geht dabei auf die Verhältnisse im 19. und 20. Jahrhundert im Spalter Land ein. Die Behörde verlangte von den angehenden Wirten, ihr Lokal nicht etwa „zur Förderung der Völlerei, der Hehlerei, des Glückspiels oder der Unsittlichkeit zu missbrauchen“. Und natürlich durfte der Wirt nicht selbst alkoholabhängig sein. Mit dem Leumund stand es aber nicht immer zum Besten. Dass die Behörde aber dennoch ein Auge zudrückte, belegt der Fall eines Antragstellers aus dem Jahr 1913: Er bekam die Konzession obgleich er siebenmal wegen Eigentumsbeschädigung, Unfug, Diebstahl und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer über dreiwöchigen Haftstrafe verurteilt worden war. Ein andere Fall aus dem Jahr 1910 bestätigt, dass ein angehender Wirt wegen Unterschlagung und Verstößen gegen die Polizeistunde sowie feuerpolizeiliche Vorgaben für schuldig befunden worden war.
Das Bezirksamt (heute: Landratsamt) achtete auf die Einhaltung der Vorschriften, aber die Gemeinden waren in der Regel „großzügiger“. So argumentierte der Spalter Stadtrat 1892 in einer „ungewöhnlich langen Stellungnahme“, der Antragsteller sei ledig und werde sobald auch nicht heiraten. Die mit den örtlichen Verhältnissen besser vertraute Stadtverwaltung deutete somit auf dessen vermutete Homosexualität hin, befürchtete angesichts der etwas abgelegenen Wirtschaft Unsittlichkeiten und Völlerei. Zudem äußerte die Stadt, dass sich der Antragsteller des Öfteren in Nürnberg aufhalte, was zu Spekulationen Anlass gebe. Aber das Bezirksamt befand, dass es sich um „bloße Vermutungen und Befürchtungen“ handle, die keinen Versagensgrund bildeten.
In vielen Fällen reichten die sicherheitstechnischen Voraussetzungen und baulichen Verhältnisse nicht aus, um eine Konzession zu erteilen. Eine Mosbacher Gaststätte durfte deshalb 1931 für „Lustbarkeiten und Versammlungen“ überhaupt nicht mehr genutzt werden. Die hygienischen Zustände waren oftmals nicht so, wie sie sein sollten. Nach den Vorschriften mussten in den Wirtshäusern täglich zu leerende Spucknäpfe aufgestellt oder in den Küchenfenstern Fliegengitter eingebaut sein. Die unzureichenden Toiletten gaben immer wieder Anlass zu Ärger mit dem Bezirksamt. Vielfach waren die Toiletten nicht nach Geschlechtern getrennt oder die Gäste mussten den Abort der Wirtsfamilie nutzen. Aus dem Jahr 1931 wird berichtet, dass die männlichen Gäste einer Spalter Wirtschaft einfach in den Hof urinierten und sich auch nicht scheuten, das dortige Fleischhängegestell „anzuschiffen“, das wöchentlich beim Schlachten Verwendung fand.
Nicht alle Konzessionsanträge wurden bewilligt, vor allem, weil es in den Dörfern um Spalt schon genug Wirtshäuser gab. Die „Platzhirsche“ unter den Gastwirten versuchten natürlich, sich Konkurrenz vom Leib zu halten. So beklagten sich die Spalter Wirte 1929, dass ein örtlicher Metzgermeister um eine Gaststättenerlaubnis nachsuchte und intervenierten beim Stadtrat mit der Begründung, dass die Geschäfte flau und die Hopfenpreise schlecht seien und die Stadt mit ihren 1900 Einwohnern bereits elf Wirtschaften habe. Der Stadtrat gab klein bei und auch ein erneuter Versuch des Antragstellers mit der Vorlage von 50 Unterschriften bei der übergeordneten Behörde führte zu keinem Erfolg.
Dem Betreiber eines Steinbruchs bei Wernfels wurde eine Kantinenerlaubnis erteilt, aber unter der Auflage, dass dort kein Branntwein verabreicht werden darf. Damals grassierte die „Branntweinpest“, so dass die Behörde restriktiv reagierte. Und seinerzeit galt Alkoholismus als eine moralische Schwäche, aber keinesfalls als Krankheit. Die Behörde erließ Wirtshausverbote, die aber schlecht zu überwachen waren. Benannt wurden Personen mit einem „unintelligenten Säufereindruck“ oder einen „jüdischen Typ“. Autor Marco Eckerlein schreibt: Am schlimmsten traf es in Spalt zwei Männer in den dreißiger Jahren, die der Bürgermeister als „Volksschädlinge schlimmster Sorte“ bezeichnete und empfahl, sie „zur Erziehung“ in das KZ Dachau einzuweisen.
WERNER FALK
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