AfD-Wähler nicht dämonisieren!

Steffen Mau beschreibt, warum der Osten anders bleibt

Wie soll man dem Emporkommen der AfD begegnen? Ist die von den etablierten Parteien entworfene Strategie, gegen die extreme Rechtsaußen-Partei eine „Brandmauer“ aufzubauen, richtig?  Der Autor des kleinen Büchleins „Ungleich vereint“ (Suhrkamp-Verlag,  168 Seiten, 18,50 Euro) ist den unterschiedlichen Befindlichkeiten in den Ost- und Westländern auf der Spur. Der 56-jährige Soziologieprofessor aus Berlin, der in Rostock aufgewachsen ist, kennt die Mentalität der Menschen im Osten unserer Republik.

Steffen Mau. Foto: Tagesspiegel Berlin

Der Autor prognostiziert, dass die heute feststellbaren Unterschiede zwischen Ost und West auch in Zukunft bleiben werden. Er sagt, angesichts der anderen Lebenswelt in den östlichen Bundesländern dürfe man nicht allzu optimistisch sein, dass die „Brandmauer“ lange halte. Unabhängig davon, was sich die etablierten Parteien wünschten, bleibe die sich in Ostdeutschland herausgebildete eigene politische Kultur noch lange bestehen. Parteiübergreifende Bündnisse gegen die AfD könnten zum unausweichlichen Normalfall werden. Der Autor meint,  die Abwehrmechanismen gegen die AfD könnten die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler weiter beflügeln. Die „Ampel“-Parteien hätten sich inzwischen im Osten so gut wie marginalisiert. Zum Standard könnten Zweier- oder Dreier-Bündnisse  werden und die Parteienlandschaft in ganz Deutschland verändern. Steffen Mau,…., geht davon aus, dass immer mehr Wählerinitiativen die Bürgermeister und Landräte in die Ämter bringen, die nicht parteigebunden sind.

Der „Falk-Report“ zitiert aus dem Buch:

Wo Kleingartennachbarn, Kita-Erzieherinnen, Kollegen, Kegelbrüder, der Bäcker um die Ecke, Mitsängerinnen im Chor oder medizinisches Personal einer rechtsextremen Partei zuneigen, ist es schwer, dauerhaft auf Abstand zu gehen. Menschen, die man lange kennt und die irgendwann AfD wählen, kann man kaum dämonisieren. Dass man sich in ostdeutschen Gemeinden mit „solchen Leuten“ einlässt, hat etwas damit zu tun, dass „solche Leute“ eben Verwandte, Freunde oder Kolleginnen sind. Aus der sozialen Verwobenheit ergibt sich eine politische Normalisierung.  Die Forderung, Distanz zu halten und Rechtsextreme zu bekämpfen, sagt sich leichter in einer Hannoveraner,  Berliner oder Münchner Altbauwohnung als in Südbrandenburg oder im sächsischen Meißen. Manche lokalen Akteure vermeiden es sogar bewusst, den AfD-Wählern mit einer harten Rhetorik zu begegnen. Ihr Argument: Man könne es sich vor Ort einfach nicht erlauben, eine zu scharfe Abgrenzung zu fahren, wolle man die Gräben nicht zu groß werden lassen und die Menschen nicht endgültig verlieren. Mit dem Vordringen der AfD wächst jedenfalls der Druck auf die Brandmauer. Schon jetzt fällt es der CDU in Ostdeutschland auf kommunaler und Landesebene erkennbar schwer, nicht in einen Rechts-Links-Wahlkampf hineinzustolpern, bei dem die Feindbildpflege gegenüber SPD, Grünen und der Linken die Abgrenzung zur AfD relativiert. Dabei ist es nicht nur die inhaltliche Nähe etwa auf dem Feld der Migration, welche die Komopassnadel  zittern lässt, es sind auch die Sirenengesänge des Kulturkampfes, von dem man glaubt, ihn politisch bewirtschaften zu müssen. Deshalb besteht die große Herausforderung insbesondere für die ostdeutschen CDU-Landesverbände darin, einen Kurs von Maß und Mitte zu entwickeln sowie der AfD nicht hinterherzulaufen, sondern sich verlässlich von den extremen Rechten abzugrenzen, selbst wenn man sich damit strategischer Optionen beraubt und selbst wenn Teile der Wählerschaft und der Mitglieder eher eine Positionierung gegen „linksgrün“ wünschen, denn eine gegen „extrem rechts“.

„Tu was!“ sagt Ruprecht Polenz

Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz hat eine „Kleine Anleitung zur Verteidigung der Demokratie“ verfasst, in der die Menschen zur Zivilcourage im Alltag aufruft. Er zitiert den Schriftsteller Erich Kästner: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf“ („Tu was!, 108 Seiten, C.H. Beck-Verlag München, 12 Euro)

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One Thought on “AfD-Wähler nicht dämonisieren!

  1. Heinz Rahm on 14. Oktober 2024 at 8:33 said:

    Meine Frau stammt aus dem Kreis Sonneberg. Ein „gefährliches Pflaster“, ist doch dort der AfD-Mann Robert Sesselmann Landrat. Die Mainstream-Medien, wie sie genannt werden, lechzen geradezu danach, dort Massenaufmärsche mit Hakenkreuzfahnen zu filmen. Der „Spiegel“ äußerte sich mal in einem Interview irgendwie enttäuscht darüber, dass Sesselmann „nur normal“ seine Arbeit mache. So habe ich das zumindest verstanden. Auf die AfD wird weiter eingedroschen, die ostdeutschen Bundesländer werden als „nicht demokratiereif“ verunglimpft. Herr Wanderwitz (nomen est omen???) tut sich da hervor, der sogenannte „Ost-Beauftragte“, das „Demokratie-Kindermädchen“ für diese minderbemittelten Leute … Heute bringen die sogenannte CDU und auch die sogenannte CSU, sogar die Ampel, Forderungen ein, für die sie früher die AfD als „voll nazi“ bezeichnet haben. Sehr ehrenvoll, aber der „deutsche Michel“, vor allem der „westdeutsche“, merkt solche Widersprüche überhaupt nicht. Beschämend! Aber wenn jetzt Donald Trump Präsident der USA wird, hat die AfD etwas Ruhe. Dann ist nämlich, wie vor Jahren, das alltägliche „Trump-Bashing“ dran, und der wäre der ganz Böse. Etwas weniger dann unsere bösen „Rääääääächten“ …

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