Von „Giganten“ und andere n Quilt-Serien

 Ausstellung noch bis Juli in der Stadt- und Schulbücherei

Heike Dressler mit einem großformatigen Quilt aus der Serie „Giganten“ – Foto von Wolfgang Dressler

Mit einer Formel „Farben + Formen x Stoff = Textilkunst“ ist die aktuelle Ausstellung mit Quilts von Heike Dressler betitelt. Die Diplom-Ingenieurin für Bekleidungstechnik unterrichtet an der Modeschule Nürnberg und hat sich in der bundesdeutschen Patchwork-Community einen guten Namen gemacht. So haben die Patchwork Gilde Deutschland e.V. und das Textilmuseum Neumünster Quilts Werke von Heike Dressler für ihre Sammlungen erworben. In der Bücherei sind die großformatigen Wandbehänge noch bis zum 2. Juli 2019 zu sehen. Wir haben mit Heike Dressler über ihre Arbeit und ihre künstlerische Entwicklung gesprochen.

 Frau Dressler, was bedeutet denn dieser Ausstellungstitel „Farben + Formen x Stoff = Textilkunst“?

Der Titel fasst meine Arbeitsweise zusammen: In einem ersten Schritt färbe ich die Stoffe mit sehr farbintensiven Farben, mitunter werden Stoffe auch bemalt. Die Formen und deren Zusammensetzung entwickle ich aus meinem beruflichen Erfahrungsbereich: An sich ist das, was ich mache, ja zweidimensional, aber im Beruf, im Modedesign, entsteht Dreidimensionales. Also kann man die Formen zusammen fügen und dann würde ein dreidimensionales Gebilde entstehen – das man auch anziehen kann!

Heißt das, auf den Quilts sind Schnittmuster zu sehen?

Ja! (Sie lacht.) Ich entwickle die Modelle so, dass es keine Abnäher gibt. Die Abnäher werden so zugedreht und in die Form gelegt, dass man sie nicht erkennt. Das lehre ich auch im Kompetenzzentrum Mode und Gestaltung Nürnberg: Wo in einem guten Schnitt die Kurve sitzen muss, einfachstes Beispiel beim Hüftschwung. Gerade bei meinen Serien „Transformation“ und „Profile“ – von denen eine Auswahl in der Ausstellung vertreten ist – sind solche zweidimensionalen Umsetzungen perfekter Umhüllungen– also wenn man so will Schnittmuster. Dies erkennen aber nur Berufskollegen.

 Eine Bekleidungsingenieurin, die Textil- und Modeschneiderinnen und Bekleidungstechniker unterrichtet, arbeitet ja nicht zwangsläufig so kreativ? Oder anders gefragt: Wie wird man Textilkünstlerin?

Ich hatte an der Aschaffenburger Fachschule für Bekleidungstechnik unterrichtet, dann war ich zuhause mit zwei Kindern. Das war schon ein bisschen langweilig. Ich habe mich dann zu einem Patchwork-Kurs in einem Limburger Stoffladen angemeldet. Danach bin ich gleich mit dem Vater der Ladeninhaberin auf der „Kreativa – Dortmund“ unterwegs gewesen. Dort haben wir die von uns entworfenen Patchwork-Schnittmuster verkauft. Auf dieser Messe habe ich eine Frankfurterin kennengelernt, die handgefärbte Stoffe macht. Mit ihr bin ich ins niederländische Rolduc zu einem Workshop mit namhaften Patchwork-Lehrerinnen gefahren.

 Wo kommt eigentlich diese Patchwork-Tradition her?

Patchwork kommt aus England und aus den USA. Das wurde aus der Not geboren: aus alten Stoffen und Resten Neues machen. Verfeinert haben das die Amish People. Die haben das zur Perfektion getrieben und daraus hat sich eine Kunstszene entwickelt. Meine Lieblings-Lehrerin Nancy Crow – das ist die Patchwork-Größe in den USA und bei ihr habe ich Kurse in Deutschland, Frankreich und insbesondere in der Schweiz besucht.

 Wie entsteht jetzt so ein Quilt? Der größte in der Bücherei gezeigte Quilt aus der Serie „Giganten“ ist ja fast 2×2 Meter groß.

Es gibt schon so eine Art Entwurf, den zeichne ich von Hand oder arbeite mit dem Computer. Diese Grundidee wandle ich dann aber im Arbeitsprozess ab – auch weil mal der Stoff nicht reicht. Zuerst wird das Top, also das Bild, zusammengesetzt. Hier arbeite ich seit einigen Jahren mit Intarsien, das heißt die Formen werden eingesetzt, sodass möglichst wenig Nähte entstehen, die im handgefärbten Stoff zu sehen wären. Diese Technik habe ich entwickelt, weil ich die Muster nicht beim Durchschneiden zerstören wollte. In der Patchwork-Community kennt man das von mir und es ist sozusagen meine eigene Handschrift. Beim nächsten Arbeitsschritt kommen ein Zwischen-Vlies und die Rückseite hinzu. Dann wird gequiltet, das heißt durchgesteppt.

 Macht dieses Quilten viel Arbeit?

Na, das kommt darauf an, wie groß die Teile sind. Bei den großen Arbeiten muss man sich das so vorstellen: Eine große Rolle liegt auf meiner Schulter, vor mir die Nähmaschine und ein langer Tisch. Dann wird mit Multi-Color-Garn gesteppt. Bei meinen Quilts gibt es jeden halben Zentimeter eine Naht und für ein großes Teil brauche ich da schon 1000 Meter. Das ist dann schon auch Fleißarbeit und am Ende wird der Quilt am Rand noch unsichtbar eingefasst.

 Wie viele solche Quilts schaffen Sie denn im Jahr?

Wenige. Ich arbeite nur in den Ferien an meinen eigenen Arbeiten. Für einen großen Quilt brauche ich ungefähr 70 Stunden und da muss ich dann dranbleiben können. Es ist ja ein kreativer Prozess und da braucht man einen gewissen Flow. Deshalb gehe ich auch gerne zu Workshops, denn dort gibt es nur ein Thema: Quilts.

 Anerkennung für die Arbeit gibt es für Sie insbesondere von der Patchwork-Gilde und vom Textilmuseum Münster. Aber auch international haben einige Ihrer Arbeiten Beachtung gefunden.

Schön war, dass beim Festival of Quilts in Birmingham ein zweiter Preis für die Farbauswahl an mich ging.

 In der Bücherei sind Beispiele aus einigen Ihrer Serien zu sehen und man sieht da auch unterschiedliche Herangehensweisen. Dazu eine letzte Frage: Was hat das Ganze mit Mode zu tun, was mit Handwerk, was mit Kunst?

In der Ausstellung in meiner Heimatstadt Gunzenhausen wollte ich auch Entwicklungsschritte zeigen. Da gibt es aus den Serien „Wüstensturm“ und „Nuance“ eine Technik, bei der ich Blocks zu einem immer wieder veränderten Muster zusammengesetzt habe. Bei der Serie „Giganten“ dominieren zum ersten Mal vollflächige Motive die Komposition. „Cryptic“ – das sind auch kleinere Arbeiten in meiner eigenen „Geheimschrift“. Und bei den „Transformationen“ kommt mir die Arbeit mit Schnittmustern entgegen. Dennoch: Das ganze mag seine Wurzeln im Schnitt-Design haben, es ist aber ein kreativer Prozess, der darüber hinausgeht. Ein künstlerischer Prozess. Das Handwerkliche an der Textilkunst ist für mich aber keine Arbeit, sondern Meditation.

Das Interview führte Babett Guthmann.

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