Wer packt denn jetzt das Smartphone weg?

Gut besuchter Vortrag in der Reihe Medienwelten mit dem Experten Thomas Feibel

Thomas Feibel sprach auf der Veranstaltung in der Stadtbücherei. Foto: B. Gutmann

Kinder erziehen – das war zu allen Zeiten keine einfache Aufgabe. Doch derzeit brennt eine Frage den Eltern besonders unter den Nägeln: Welche Rolle spielt das Smartphone im Leben meines Kinders und im Familienleben? Der Experte für Kindermedien und Autor Thomas Feibel hat bei seinem Vortrag in der Stadt- und Schulbücherei dieses Thema aufgegriffen, das auch Titel seines neuen Sachbuches ist: „Jetzt pack doch mal das Handy weg“. Den Aufruf, das Smartphone mal aus dem Auge und aus dem Sinn zu lassen, betrifft dabei beileibe nicht nur die Kinder, sondern auch jene Leute, die den Kindern das Gerät überlassen haben.

Da ist sich der von Bürgernetzverein und Bücherei eingeladene Referent der Reihe Medienwelten sicher: „Es ist in der Geschichte der Medien das erste Mal, dass wir unsere Kinder vor etwas beschützen wollen, was uns auch persönlich betrifft.“ Auf dieses Statement Thomas Feibels bezog sich auch Büchereileiterin Carolin Bayer: „Eltern, Pädagogen und Erziehende können die Anregungen aufgreifen und ihre eigenes Nutzungsverhalten reflektieren.“

Smartphones gibt es erst seit elf Jahren. Und es ist einfach eine Tatsache, dass auch viele Erwachsene die Balance des Umgangs noch nicht gefunden haben. Wer den Gedanken des Medienexperten Feibel folgt, dem wird klar: Es gibt keine Patentrezepte und diese wird Thomas Feibel auch nicht liefern, doch greift er als Vater von vier Kindern die Sache auch mal von einer anderen Seite auf: Wo möchten wir das Smartphone denn aus unserer Privatsphäre ausschließen und „Familienzeit zurückerobern“? So macht er den Vorschlag, doch ein Körbchen für alle Smartphones in der Familie aufzustellen. Da kommen die Geräte – auch die der Eltern – hin, wenn es daheim exklusive Zeit für die Familie geben soll, beispielsweise bei den Mahlzeiten oder vor dem Zubettgehen. Eltern können auch vereinbaren, dass das Smartphone dort bleibe, bis die Hausaufgaben erledigt sind.

Und dann gibt es da noch das Draußen: Exklusive Zeit mit Kindern und ohne Smartphone ergibt sich auch bei Familienausflügen und Aktivitäten, die für Kinder interessanter sind als das Smartphone. Thomas Feibel scherzt: „Ein Restaurantbesuch mit Kindern ist kein Candle-Light-Dinner. Wer Kinder dabei hat muss sich auch mit ihnen beschäftigten und kann sich eben nicht in Ruhe unterhalten.“ Das Smartphone als Mittel gegen Langeweile, bis das Essen kommt geht für ihn nicht. In den USA heißen digitale Geräte zur Kinderunterhaltung übrigens „Shut-up-toys“, also Halt-die-Klappe-Spielzeuge. Doch ehe der Referent auf das Thema Regeln zu sprechen kommt, spannt er einen weiten Bogen zum Thema Medienerziehung.

Bei den vielen Lehrkräften, Erziehenden und den Studentinnen und Studenten der Fachakademie für Sozialpädagogik Hensoltshöhe kam er gut an mit seiner Aufforderung Medienkompetenz doch durch Lesefähigkeit zu ersetzen und sich zu fragen, ob man denn als Erwachsener Medien „lesen“ könne. Bei Büchern und dem linearen Lesen ist das noch einfach. Bei Internetpublikationen müsse man schon etwas mehr Orientierung beweisen und auch ein gewisses Misstrauen pflegen. Provokant fragt Thomas Feibel: Ist die Online-News-Seite wirklich eine Nachrichten-Plattform oder ist das nicht in erster Line ein Shop? Wer kennt all die Zugriffsmöglichkeiten seiner APPs, denen gewohnheitsmäßig dem „Einverstanden-Häkchen“  zugestimmt wird.

Der Referent ist der Meinung: Auch die bei den Kindern beliebten Spiele sollten Eltern „lesen“ können! Beim Thema Gaming bewegt sich Thomas Feibel auf einem Terrain, auf dem wohl kaum ein anderer mehr Erfahrungen gesammelt hat. Schon zur Begrüßung verwies Monika Wopperer darauf, dass der Medienexperte seit langem den „Tommi-Kindersoftwarepreis“ als Vorsitzender bereut. 2018 waren bei der Auswahl der Preisträger-Spiele mehr als 3500 Kinder beteiligt, die in 20 ausgewählten Bibliotheken neue Spiele testen konnten. Für ihn steht erst einmal fest: Spielen ist eigentlich etwas Gutes und man müsse akzeptieren, dass Computerspiele eben Spaß machen. Hinzu kommt: Der Computer hat mehr Zeit als die Erwachsenen!

Dennoch: Thomas Feibel findet es nicht gut, dass viele Spiele heute erst einmal kostenlos gespielt werden können, um die Spieler mit den Regeln vertraut zu machen, dann aber „Verbesserungen“ – ein tolles Gaspedal für Autorennen oder Edelsteine oder die jeweilige Währung des Spiels gekauft werden müssen. So werde mit dem auch bei Erwachsenen beliebten Spiel „Clash of Clans“ täglich ein Umsatz von 5 Millionen US-Dollar gemacht. Viele solcher Spiele melden sich auch bei den Gamern, wenn die mal zu lange Pause machen. Notfalls auch in der Nacht: „Dein Dorf wurde angegriffen….“

Für Thomas Feibel steht fest: Das Smartphone, das die Eltern dem Kind ja erlaubt haben, bedeutet für die Kinder erst einmal „die legitimierte Lizenz zum Spielen“. Für alle weiteren Regeln und Beschränkungen sind wiederum die Eltern, nicht die Kinder verantwortlich. Wer nicht wisse, was die Kinder da so spielen, der habe ja seine Experten daheim sitzen und könne ja die Kinder fragen. Sich unbedingt zeigen lassen, was die Kinder spielen, aber auch weiterhin gemeinsam Brettspiele spielen – das hält der Referent für sinnvoll. Er verspricht: Beim gemeinsamen Spielen kommt man auch ins Gespräch. „Da erfahren Sie mehr von ihren Kindern als beim üblichen Mittagsverhör nach der Schule.“

Überhaupt ergreift Thomas Feibel während seines Vortrags immer wieder die Partei der Kinder und übernimmt ihre Sichtweise und kommt so zu erfrischenden Statements. Er schreibt auch Kinder- und Jugendbücher, die mit dem Thema Mediennutzung zu tun haben. Dabei kommt er mit dem jungen Publikum ins Gespräch. Wenn er dabei sein Sachbuch „Jetzt pack doch mal das Handy weg“ erwähnt, dann bekommt er oft die gleiche Antwort von den Kindern: „Ja, das sag ich meiner Mama auch öfter, wenn ich will, dass sie mir zuhört!“

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One Thought on “Wer packt denn jetzt das Smartphone weg?

  1. Heinz Rahm on 17. März 2019 at 19:17 said:

    Als ehemaliger Gymnasiallehrer (erst in Bayern, dann in Hessen) kann ich nur sagen, dass ich diese Entwicklung mit größter Sorge betrachte. Bücher zu lesen ist „out“. Viele Schüler, auch im Gymnasium, sind nicht mehr in der Lage, längere Texte zu lesen und zu verstehen. Auch die Fremdsprachen leiden sehr darunter. Ein einziger positiver Aspekt ist, dass die aufsichtführenden Lehrer in den Pausen ihre Ruhe haben, denn fast alle sind völlig in ihr Gerät vertieft und rangeln und raufen nicht mehr rum. Und wenn ich jetzt die – und das meine ich so – Schule schwänzenden Schülerinnen und Schüler freitags sehe, die „für die Umwelt“ demonstrieren, dann entsetzt mich das sehr. Die fragen aber nicht danach, welche immensen Umweltschäden durch ihre Smartphones angerichtet werden. „Die Hersteller verursachen mit ihren kurzlebigen Geräten und unnötig schnellen Produktzyklen massive Umweltschäden und katastrophale Arbeitsbedingungen“, sagte ein Elektronik-Experte von Greenpeace auf dem Mobile World Congress. In den vergangenen zehn Jahren verschlang die Smartphone-Produktion laut Greenpeace weltweit 968 Terawattstunden Strom, das entspricht der kompletten jährlichen Energieversorgung Indiens. Verzichtet denn auch nur ein Schüler, der am Freitag „wegen der Umwelt“ schweren Herzens (!!!) auf die Schule verzichtet, auf die Benutzung seines geliebten Geräts? Die Medien triefen vor Verständnis für diese so „sorgenvollen“ Jugendlichen. Mein Sohn hat morgens im Bus Gespräche von solchen Schülern mitgehört. Er war entsetzt, denn da kam raus, dass es ihnen nur um das Auslassen des Unterrichts ging. Ja, warum demonstrieren sie denn nicht am Freitagnachmittag oder am Samstag, wo sie in den Innenstädten wesentlich mehr Leute für ihr Anliegen „sensibilisieren“ könnten? Ob sie wohl dieses Fremdwort schon mal in einem Buch gelesen haben ….?

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