Gefragter Glockenexperte

Günter L. Niekel referierte beim Heimatkundeverein

Als „Glockenpfarrer“ hat sich Günter L. Niekel in Bayern einen Namen gemacht. Foto: FR Presse

Knappe 22 Minuten dauert der Guss einer 140 Zentner schweren Kirchenglocke, aber vor dem Ende eines Glockengusses steht buchstäblich der Schweiß der Gießer, von denen es in Deutschland nur noch ganz wenige gibt. Unvorstellbare  1100 Grad werden erreicht bevor das Teil aus 78 Prozent Kupfer und 22 Prozent Zinn acht Tage lang abkühlt und die finalen Arbeiten erledigt werden können.

Günter L. Niekel, der Muhrer Ruhestandspfarrer, widmet sich seit mehr als vierzig Jahren dem Glockenguss, vielmehr der Glockenzier, wie Schriften und Ornamente auf der Glocke genannt werden. Vor Mitgliedern des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen erzählte der Geistliche von seinem ausgefallenen Hobby, in das seine ganze Familie involviert ist. Eigentlich war für ihn der Brand der Ostheimer Kirche im Jahr 1986 die Initialzündung.  Fortan galt sein Interesse dem mächtigen Geläut, das im 9. Jahrhundert den Mönchen in den Klöstern im Tageslauf eine feste Struktur gab. Die Glockengussform, wie man sie heute kennt, ist allerdings erst im 15. Jahrhundert entstanden.

Der „Glockenpfarrer“, wie Niekel auch respektvoll genannt wird, hat bisher rund 400 Glocken verziert. Er ist Partner aller Gießereien in Deutschland, sein kreativer Rat wird von Kirchenvorständen ebenso geschätzt wie von den handwerklichen Fachleuten.  Der Guss einer Glocke ist oftmals das Ergebnis einer langen Planungszeit, denn  nicht immer sind die Vorstellungen vom ersten Moment an deckungsgleich. Die Experten unterscheiden zwischen der großen Christusglocke, der etwas kleineren Patroziniumsglocke  und der Heilig-Geist-Glocke.  Von der Entwurfszeichnung, die er mittels Knetgummi auf eine sieben Millimeter starke Platte überträgt,  bis zum Gips- und Wachsabdruck können Wochen und Monate vergehen. Inschriften mit bis zu 400 Buchstaben und Zeichen hat Niekel schon aufgetragen, und Probleme hat es nie gegeben. Dass sie aber auch auftreten können, hat sich beim Guss der Glocken für die wiederaufgebaute Frauenkirche in Dresden gegeben. Dort mussten alle wieder abgenommen werden, denn sie waren zum Läuten ungeeignet. Grund: die Reliefs waren zu dick. Hätten die Sachsen den Franken Niekel gefragt, sie hätten sich den ganzen Ärger sparen können. So aber war die Arbeit von drei Monaten umsonst.  Auch die hochstehende Vertreterin des Landesdenkmalamts in München hätte sich den Gang ins schweizerische Asyl ersparen können, wäre sie Niekels Rat gefolgt, als es galt, nach eineinhalbjährigem Streit den richtigen Platz für eine neue Glocke auf dem Weiltinger Glockenturm zu finden.  „Nicht nachgeben!“ – das ist für ihn seither im Umgang mit behördlich legitimierten Fachleuten zur Losung geworden.

Eingangs des Niekel-Vortrags berichteten Vorsitzender Werner Falk, Schatzmeister Hans Minnameyer und Revisor Rüdiger Schmidt aus dem Vereinsleben, das von der Herausgabe des Jahrbuches „Alt-Gunzenhausen“ sowie Vortragsveranstaltungen und den „Samstagsexkursionen“ bestimmt wird. Erfreulich hat sich die Mitgliederzahl entwickelt, so dass der 140 Jahre Verein zuversichtlich in die Zukunft schauen kann.

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