„Wut“ – Ursachen der Radikalisierung

Strategien von Links und Rechts ergänzen sich

Der Extremismus ist auf dem Vormarsch in Europa und den USA. Lassen sich westliche Demokratien in eine Spirale der Wut ziehen, die sowohl Islamisten als auch Rechtsradikalen zugute kommt? Die Extremismusforscherin Julia Ebner beschäftigt sich länderübergreifend mit Gruppierungen unterschiedlicher Ausrichtung.

Mit gezielten Undercover-Recherchen und Gesprächen mit Radikalen beider Seiten zeigt sie, wie sich die Strategien von Islamismus und Rechtsradikalismus wechselseitig ergänzen und verstärken. Mit hetzerischer Rhetorik online wie offline schüren sie Hass und treiben einen Keil in die Gesellschaft: die eigene Gruppe wird zum Opfer, die andere zum Feind. Wird dadurch der von beiden Seiten als »unvermeidbar« propagierte Krieg zwischen dem Islam und dem Westen zur realen Gefahr? Die Autorin geht den Ursachen der wechselseitigen Radikalisierung auf den Grund und zeigt, wie Extremisten Angst, Verunsicherung und Wut instrumentalisieren.

Der Katalog der ideologischen Gemeinsamkeiten, den die Autorin aufruft, ist lang: Beide Lager, Islamisten wie Rechtsextremisten, hetzen gegen die etablierte Politik und etablierte Medien.  Der Mitteldeutsche Rundfunk zur Situation: Beide Seiten dämonisieren Andersdenkende und politische Gegner, verbreiten apokalyptische Zukunftsvisionen und fühlen sich in ihrer jeweiligen Identität angegriffen. Beide Lager stellen sich als Opfer dar und teilen die Welt in Gut und Böse ein, pflegen Schwarz-Weiß-Narrative. Dabei dürfte vielen, die sich intensiv mit Extremismus auseinandersetzen, diese Übersicht im Großen und Ganzen bereits bekannt sein.

Wir zitieren noch einmal den MDR:  „Der Autorin zufolge werden in der islamistischen Groß-Erzählung reale Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung ausgebeutet und benutzt, um das Narrativ „Muslime sind Opfer eines westlichen Krieges gegen den Islam“ zu befördern. In der Konsequenz sollen dadurch Muslime dazu gebracht werden, Terroranschläge zu verüben. Auf der anderen Seite befördere die extreme Rechte gezielt Rassismus und Diskriminierung gegenüber Menschen muslimischen Glaubens.“  Und so lautet Ebners stärkste These: Die extreme Rechte verstärke die islamistische Terror-Bedrohung.

Die gebürtige Wienerin Julia Ebner lebt heute in London, wo sie als Extremismus- und Terrorismusforscherin beim Institute for Strategic Dialogue (ISD) tätig ist. Sie arbeitete zwei Jahre für die weltweit erste Organisation zur Extremismusprävention Quilliam, die von ehemaligen Islamisten gegründet wurde. Für die Europäische Kommission und die Kofi Annan Foundation leitete sie Studien, sie schreibt regelmäßig für „The Guardian“ und „The Independent“, hält Workshops an Schulen und Universitäten und berät Regierungen und Tech-Firmen in Bezug auf Radikalisierungsprävention.

Julia Ebner: „Wut. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen“, wbg Theiss, 336 Seiten, ISBN 978-3-8062-3701-6, 19,95 Euro

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One Thought on “„Wut“ – Ursachen der Radikalisierung

  1. Heinz Rahm on 3. August 2018 at 11:18 said:

    Das Problem bei uns liegt in erster Linie darin, dass Andersdenkende in eine bestimmte Ecke geschoben werden, ohne dass eine echte demokratische Auseinandersetzung mehr stattfindet. Ich sage bewusst „mehr“, denn in den sechziger und siebziger Jahren, in meiner Schul- und Studentenzeit, war das der Regelfall. In der Schule und im Studium haben wir uns oft energisch auseinandergesetzt und „demokratisch“ gestritten, und diese demokratische Auseinandersetzung ist uns in der Schule immer vermittelt worden. Was heute abläuft, ist erschreckend, und oft unlogisch und unvernünftig dazu. Ein Beispiel: Als in den Niederlanden Geert Wilders seine Parolen vorbrachte, war er ein unverbesserlicher Nazi. Als Mark Rutte mit nahezu denselben Parolen die Wahl gewann, war er halt „ein schlauer Kopf“ (Originalton von „Anti-Rechts-Leuten“ in meinem Bekanntenkreis – die übrigens keine Flüchtlinge in ihrem Haus haben möchten). Wie denn jetzt? Ist der eine gut und der andere schlecht, obwohl beide das Gleiche tun? Was den „Extremismus“ betrifft: Ist es nicht schlimmster Extremismus, wenn in dieser Welt und in dieser EU die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden? Da kommen die täglichen Bilder aus Brüssel, Straßburg und den Hauptstädten mit ihrem Pomp und „Glanz und Gloria“, während mir Menschen aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien von bitterster Armut berichten, von Kindern, die auf den Straßen schlafen und hungern müssen, ohne dass sich jemand (auch der „EU-Staat“ nicht) kümmert. Freunde aus Spanien berichten mir, dass junge Leute in wohlhabenderen Vierteln zuhauf regelmäßig zum Betteln kommen, weil sie keine Arbeit haben und es auch aufgegeben haben, welche zu finden. Sind das nicht bitterste „Extreme“? Kann man es den Leuten in solchen Situationen verübeln, dass sie nach „Stohhalmen“ greifen, wenn sie sehen, dass sie abgehängt werden und offenbar nichts mehr gelten? Vom „Thron“ herunter kann man leicht verurteilen. Zum Schluss zitiere ich einen leider allzu wahren Satz: „Fürchterlich ist einer, der nichts zu verlieren hat.“ Der stammt nicht von einem Kommunisten, sondern von – Johann Wolfgang von Goethe!

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