AfD nicht ernster nehmen, als sie es verdient

Kubicki: Kleingeistigkeit nicht aufs Podest heben

Das FDP-Fraktionsvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki schrieb für die „Hamburger Morgenpost“ (Donnerstagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Wenn man sich der Frage nähern will, wie der „richtige“ parlamentarische Umgang mit der AfD ist, hilft es zunächst einmal zu wissen, wie Gruppen im Allgemeinen funktionieren. In der Soziologie gehört folgende Erkenntnis zum Einmaleins der Gruppenanalyse: Die soziale Gruppe definiert sich als solche oftmals als Gegenbild zu ihrer Umwelt. In vielen Gemeinschaften heißt es folglich: „Wir gehören zusammen, weil die anderen nicht dazugehören.“ Das bedeutet gleichzeitig, je größer der Druck von außen auf die Gruppe wirkt, umso mehr fühlen sich die Mitglieder dem Kollektiv zugehörig.

Bei der AfD im Bundestag ist dies gewissermaßen idealtypisch zu beobachten. Im Grunde ist diese Fraktion programmatisch relativ heterogen. Aber solange deren Fraktionsmitglieder den Eindruck haben, mit ihren parlamentarischen Initiativen stetig Empörung von außen zu ernten, umso eher fühlen sie sich in ihrer Renegatenrolle bestärkt. Und umso eher wähnen sie sich in einer „Wir gegen die!“-Schicksalsgemeinschaft.

Deshalb ist es auf Dauer nicht sonderlich hilfreich, immer wieder mit Empörung, Erschütterung und Entrüstung auf die zum Teil intellektuell unterdurchschnittlichen Beiträge von rechts zu antworten. Denn der negative Nebeneffekt dieser Sonderbehandlung ist ja auch, dass die AfD damit auf ein Podest gestellt wird. Und indem wir uns eher auf die Ungeheuerlichkeit der Einlassungen von rechts konzentrieren, geraten die schwachen Initiativen dieser Fraktion immer wieder in den Hintergrund.

Um dies zu vermeiden, rate ich zu einem gelasseneren und sachlicheren Umgang mit dieser Partei. Wir müssen die AfD nicht ernster nehmen, als sie es verdient hat. Aus unserem Grundgesetz leitet sich keine Sonderbehandlung einzelner Abgeordneter oder Fraktionen ab. Wenn wir also akzeptieren, dass ein Abgeordneter der AfD genau dieselben Rechte hat wie ein Abgeordneter der CDU, der Freien Demokraten oder der Grünen, bedeutet das zugleich auch, dass der häufig kolportierte Anspruch der AfDler, allein „für das deutsche Volk zu sprechen“, lächerlicher Größenwahn ist.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben in den vergangenen zwei Sitzungswochen gezeigt, dass sie mit dieser Fraktion durchaus umzugehen imstande sind. Weniger die emotionsgeladenen Tiraden Cem Özdemirs, vielmehr die Verhohnepipelungen eines AfD-Antrages durch den plattdeutsch schnackenden SPD-Abgeordneten Johann Saathoff durchbrechen die eitle und peinliche Selbstgerechtigkeit auf der rechten Seite. Nehmen wir der Auseinandersetzung die Erregung und filetieren die AfD-Anträge sachlich (was in den meisten Fällen nicht allzu schwierig ist), fehlt die Entrüstung, aus der die Fraktion ihre Gruppenidentität zieht.

Ganz unabhängig davon ist es Aufgabe aller Parlamentarier, Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu geben. Wenn sich der Bundestag mehr auf die Problemlösung konzentriert, als er es in der vergangenen Legislaturperiode getan hat, brauchen wir auch intellektuell erbärmliche Initiativen im Parlament nicht zu fürchten.

Die AfD braucht die Empörung, die Ekel-Sonderstellung, um hieraus ihre eigene Existenz abzuleiten. Es gilt aber: Wer ein Podest braucht, um größer zu wirken, der ist in Wahrheit selbst zu klein. Mein Rat ist also: Heben wir die Kleingeistigkeit nicht aufs Podest.

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2 Thoughts on “AfD nicht ernster nehmen, als sie es verdient

  1. Wer aus Israel einreist und am Flughafen Frankfurt/Main landet, dem kann ebenfalls eine Sonderbehandlung durch facharabisches Personal dort vor Ort widerfahren. Bis hin zu Beleidigung und den Durchwühlmethoden der DDR-Grenzer. Was sich hier diese Mohammedaner rausnehmen da muss der eiserne Besen

  2. Heinz Rahm on 15. März 2018 at 18:15 said:

    Einmal eine ganz nüchterne, sachliche Analyse: Wer ist eigentlich verantwortlich für das Emporkommen der AfD? Die „gute, bürgernahe, soziale“ Politik der Altparteien in den letzten Jahren, mit der alle völlig zufrieden sind? Der soziale Wohnungsbau ist seit Jahren praktisch tot, das sage nicht ich, sondern der Mieterverein, in dem ich Mitglied bin. Hartz IV, ausgerechnet eingeführt von der sogenannten SPD und den Grünen. Ich kenne viele, die mit dieser Situation große Probleme haben. In der SPD war ich vor vielen jahren sehr eifriges und engagiertes Mitglied, als sie das „S“ noch zu Recht trug. Keine Frage, das tat sie damals in vorbildlicher Weise! Auch die Grünen habe ich später unterstützt und gewählt.Ich frage mich aber, wer von den „kleinen Leuten“, die rumkrebsen müssen, diese Parteien heute eigentlich noch wählt. Und die Verhöhnung dieser „kleinen Leute“ von Leuten aus der Politik, die Tausende im Monat verdienen und ihnen vorschreiben wollen, dass und wie man mit sehr wenig Geld zufrieden zu sein hat. Das hat früher kein Politiker gewagt, potentielle Wähler aus den unteren Schichten zu verhöhnen. Aber heute?
    Wohlgemerkt: Ich stehe auch der AfD sehr kritisch gegenüber. Manchmal verfolge ich aber Reden von Mitgliedern dieser Partei und ich stelle fest: sie sind meistens vernünftig und sachlich formuliert, nicht beleidigend oder verletzend. Aber die Reaktionen von den anderen Parteien schockieren mich dann: keine sachlichen Antworten, kein sachlicher Widerspruch, öfter hysterisches Gekeife und sogar massive Beleidigungen! Das Bild der Demokratie, das wir in der Schule in den sechziger und siebziger Jahren gelehrt bekamen – eindrücklich und positiv gelehrt bekamen – ist schlicht und einfach weg!
    Und da bekomme ich richtig Angst. Noch eine Anmerkung: Muss in den Medien die AfD immer mit der Bezeichnung „rechtspopulistisch“ versehen werden? Das sage ich als einer, der ihr sehr kritisch gegenüber steht!!! Kann sich der mündige Bürger nicht ein eigenes Bild machen? Was müssten sie eigentlich für Bemerkungen an die anderen Parteien anhängen? Hier muss eine ganz neue Kultur der Demokratie, der Debatten und der politischen Diskussion her. So wie wir es in unserer Schule hervorragend gelernt haben! Dafür bin ich heute noch sehr dankbar!

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