Nicht gleich den Untergang der Gesellschaft an die Wand malen

Ist Deutschland zur „Gauner AG“ geworden?

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Stadtrat Werner Falk: „Die politische Kultur wandelt sich.“

Fußball-Wettskandal, Plagiatsskandal Guttenberg, Siemens-Skandal, Bankenskandal, NSA-Abhörskandal, VW-Abgasskandal und jetzt vielleicht auch noch ein WM-Bewerbungsskandal – ist Deutschland zur „Deutschen Gauner AG“ geworden? Oder geht in der Gesellschaft ganz einfach die „Lust am Skandalisieren“ um?
Die FAZ stellt diese Fragen. Holger Stelzner warnt aber zugleich vor „moralisierenden Anschuldigungen“. Andere hängen Verschwörungstheorien nach. Immerhin sind sie nicht ganz von der Hand zu weisen. Beispiele: VW-Machtpoker und WM-Bewerbung. Im ersten Fall wird Ferdinand Piech zugetraut, dass er sich gegenüber Vorstandschef Martin Winterkorn revanchiert, weil sich dieser im Machtkampf zunächst durchgesetzt hatte. Im zweiten Fall gibt es Hinweise, dass der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger noch eine Rechnung mit seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach offen hat, der noch als FIFA-Präsident die große Weltkarrriere machen könnte und möglicherweise daran gehindert werden soll.
Nicht alles ist seriös, was in diesen Tagen zu hören und zu lesen ist. Die selbsternannten „Experten“ reden im VW-Abgasskandal von einem zu erwartenden Unternehmensschaden von 50 Milliarden Euro, die anderen legen noch was drauf und meinen, es könnten auch 100 Milliarden Euro werden. Und selbst der mächtige VW-Betriebsratsvorsitzende als Vertreter der Werktätigen mit seinem Traumgehalt wird von Spekulationen nicht ausgenommen.
Tatsache ist, dass VW eine Software in Dieselautos eingebaut hat, deren Abgaswerte sich auf die Raddrehzahlen ohne Benutzung des Fahrzeugs beziehen. Das heißt: Im Fahrbetrieb werden Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt, so dass die Kohlendioxid-Schadstoffemissionen erheblich höher sind. Man spricht vom 10- bis 40-fachen Werten gegenüber den Werksangaben. Soviel steht inzwischen fest: 8,4 Millionen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 müssen weltweit zurückgerufen werden, 2,4 Millionen in Deutschland. Was nicht alle wissen: Die Eigentümer der Autos mit den manipulierten Motoren sind verpflichtet, bis Herbst 2016 in die Werkstatt zu fahren. Im Extremfall droht die Fahrzeugstilllegung. Die Fahrzeughalter werden benachrichtigt, es muss also niemand von sich aus vorschnell handeln. Die Aktion läuft in Deutschland über die 2173 VW-Partner (theoretisch 1100 pro Werkstatt). Der zeitliche Aufwand, um die illegalen Funktionen aus der Steuersoftware zu entfernen, wird pauschal auf 90 Minuten prognostiziert. Er ist je nach Fahrzeugtyp und „Fehlerware“ unterschiedlich.
Die amerikanischen Gerichte sind bekannt dafür, dass sie rigoros vorgehen, vor allem dann, wenn die Klagen europäische Hersteller betrifft, die mit amerikanischen Produzenten konkurrieren. Die Richter als Handlanger der US-Wirtschaft? Hans-Werner Sinn, dem Präsident des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, fällt dabei ein, dass die US-Autohersteller schon seit Jahren versuchen, die kleineren Dieselautos, wie sie beispielsweise von VW gebaut werden (Anteil an Dieselfahrzeugen in den USA: 90 Prozent), vom Markt fernzuhalten, weil sie selbst die Dieseltechnologie nicht beherrschen und nichts tun, um die US-Trucks als Dreckschleudern aus dem Verkehr zu ziehen.
Das jetzige Strafverfahren gegen VW ist allerdings nicht das erste, das die US-Justiz gegen Autohersteller einleitet. 1995 ist GM zu einer Geldzahlung von 20 Millionen Dollar verpflichtet worden. Das Delikt war damals das gleiche, das jetzt VW trifft: Deaktivierte Steuersoftware. 1998 musste Ford 7,8 Millionen Dollar zahlen, Honda bekam einen Strafzettel von 17 Millionen Dollar. Auch Hyundai und Kia entgingen den Richtern nicht.
Die Diskussion dieser Tage zeigt, dass die politische Kultur in Deutschland im Wandel ist. Das gesellschaftliche Wertesystem wird in Frage gestellt.  Die Medien müssen aufpassen , dass sie nicht  instrumentalisiert werden, um Gegner zu diskreditieren. Ich bringe nur den „Wulff-Skandal“ in Erinnerung, in dem sich die deutschen Medien im rechtstaatlichen Sinne nicht mit Ruhm bekleckert haben, indem ihnen die Skandalisierung der Vorgänge  als Quotenbringer wichtiger war als der Wille, nüchtern bei der Sachlage zu bleiben. Die Wahrheit zu diesem „Skandal“ ist bekannt. Ich denke, es tut allen gut, sich nicht in eine Skandal-Euphorie zu begeben und nicht vorschnell den Untergang unserer Gesellschaft an die Wand zu malen.
WERNER FALK, Stadtrat

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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