Der Pfarrer war ein Freund Hitlers

Der Fall des Ansbacher Pfarrers Gottfried Fuchs

Der Ansbacher evangelische Pfarrer Gottfried Fuchs (1892-1960) war „Deutscher Christ“, also ein Anhänger der NSDAP. Seinen Kampf mit der Kirchenleitung und mit Landesbischof Hans Meiser skizziert Ulrich Herz (Studiendirektor aus Bad Windsheim) in der neuesten Ausgabe der „Zeitschrift für die Bayerische Kirchengeschichte“ (82. Jahrgang 2013).
Fuchs war Sohn eines Werkzeugmachers aus Regensburg. Nach dem Theologiestudium kam er 1927 nach Bad Windsheim (2. Pfarrer), vier Jahr später nach St. Gumpertus in Ansbach (1. Pfarrer). Ansbach wählte schon 1932 nationalsozialistisch, über 80 Prozent entschieden sich bei der Reichspräsidentenwahl für Hitler. Drei Pfarrer des Pfarrkapitals von Ansbach gehörten bereits 1930 der Partei an, von allen bayerischen Dekanaten war Ansbach „führend“. Im Pfarrhaus von Max Sauerteig verkehrten schon vor 1933 führende Nationalsozialisten. Allein Hitler besuchte den Geistlichen sieben Mal, erstmals 1925 zusammen mit Julius Fuchs 5152x3864 Streicher und Rudolf Heß. An Sauerteigs Pfarrhaus hing die erste Hakenkreuzfahne.
1935 schreib Fuchs an den Landeskirchenrat: „Für mich ist eben die SA nicht der glatte Fels, auf den wir uns nicht begeben dürfen, sondern der wertvollste Bestandteil unseres Volkes, auf dem unser Drittes Reich beruht.“ Er versicherte mehrfach, „felsenfest hinter Reichsbischof Müller und der deutschchristlichen Reichskirchenregierung“ zu stehen“. Als am 23. September 1934 der Landesbischof in Ansbach weilte, da war Fuchs demonstrativ nicht dabei. Mit den DC-Pfarrern Hans Sommerer, Heinrich Grießbach, Karl Werlin, Karl Brunnacker  (Anmerkung: Er stammte aus Döckingen und ist dort auch begraben nachdem er sich an seinem letzten Wirkungsort in Larrieden das Leben genommen hatte. Zu seiner Beerdigung kamen 3000 DC-Christen, eine SA-Kapelle, 30 NS-Pfarrer, Gauleiter Karl Holz und sogar Reichsbischof Müller kam aus Berlin), Friedrich Möbus, Ludwig Beer, Joannes Baumgärtner, August Müller und Ernst Fikenscher baute er die kirchenpolitische Front gegen den Landesbischof auf. „Ich bin in voller Aufklärungsarbeit im Dienste der Reichskirche“, schrieb er und verwies auf große Versammlungen in Windsheim (1000 Zuhörer) und Gunzenhausen (800). Fuchs musste sich einem Dienststrafverfahren der Landeskirche stellen. So wurde argumentiert: „Die in der Gemeinde entstandene Aufregung, die bereits zu unerträglichen Störungen des Gemeindelebens geführt hat, macht es notwendig, ihn seines Amts bis zur Beendigung des Verfahrens zu entheben.“ Die meisten seiner Amtsbrüder im Dekanat waren gegen ihn, Kreisdekan Georg Kern hielt ihm vor, fortgesetzt den Weg der Disziplinlosigkeit, der Unordnung und des Ungehorsams gegangen zu sein. Der Riss ging mitten durch die Gemeinde. Ende 1935 gab es in Ansbach rund 1500 eingeschriebene Deutsche Christen (DC) und 8000 Mitglieder der Bekenntnisgemeinschaft. Nach einem Gespräch in München zwischen Fuchs und Meiser ließ der Landesbischof Gnade vor Recht gehen, erteilte ihn nur einen Verweis und hob seine vorübergehende Amtsenthebung auf. Er sollte aber nach Neuburg an der Donau „verbannt“ werden. Das ließ sich Fuchs aber nicht gefallen, so dass es zu einem Versetzungsverfahren „wegen Ungehorsams“ in den dauernden Ruhestand kam (1. April 1935).
Die Reichskirchenleitung stand aber auf seiner Seite und veranlasste, dass die Regierung von Ober- und Mittelfranken Fuchs zum 1. Oktober als Seelsorger an der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach berief. Fuchs sah sich gestärkt und ging weiterhin keinem Streit aus dem Weg. Das SA-Mitglied (1933) ging in die NSDAP (1937) und trat öfters in SA-Uniform als Träger der Hakenkreuzfahne auf. Er weigerte sich, seinem Nachfolger Heinrich Koch das Ansbacher Pfarramt zu übergeben.
Die Ansbacher DC erlebte am 6. Mai 1937 ihren Höhepunkt, als Reichsbischof Müller in die Stadt kam, Fuchs wurde im Januar 1938 Leiter der DC-Pfarrergemeinde Bayern. Er verausgabte sich finanziell für die DC, gründete viele Gemeinschaften (u.a. in Gunzenhausen, Windsbach, Nördlingen, Dinkelsbühl, Feuchtwangen, Rothenburg, Heilsbronn und Windsheim), vermisste dafür aber den Dank. Auch die Landeskirche kürzte 1943 die Kindergeldzuschläge für seine drei Kinder. Sein einziger Sohn fiel 1944 in Frankreich. Fuchs hatte mehr und mehr das Gefühl, alleingelassen zu werden, auch von Reichsbischof Müller, der ihm nur ein sprödes Beileidsschreiben schickte, während Landesbischof Meiser sogar einen persönlichen Brief mit seelsorgerlichem Trost sandte. Gottfried Fuchs war als Geistlicher in der „Hupfla“ (volkstümlicher Name für die Heil- und Pflegeanstalt) Mitwisser und Zeuge des Euthanasiegeschehens (rund 2000 Patienten wurden in den Tötungsanstalten ermordet), der Pfarrer führte zwischen 1934 und 1945 „weit über 1000“ Beerdigungen durch.
Die Spruchkammer Ansbach reihte ihn 1948 in die Gruppe III der Minderbelasteten ein, aber damit gab sich Fuchs nicht zufrieden. Die Hauptkammer Nürnberg ordnete ihn in die Gruppe IV der Mitläufer ein, wohl auch deshalb, weil er zwei eidesstattliche Erklärungen zu seinen Gunsten gefälscht hatte, wie Autor Ulrich Herz feststellt. Fuchs gab sich als unschuldig angeklagter Pfarrer und sprach von einem „Hohn auf jede Gerechtigkeit“. Die Landeskirche musste sich mit seinen Eingaben noch mehrmals beschäftigen, der Kreisdekan Kern nannte ihn einen „unbußfertigen Menschen“, der hartnäckig, eigensinnig, engstirnig, verstockt und starrköpfig seinen Weg ging. Fuchs verstarb am 2. Juni 1960 in Ansbach.

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