Europa ist unser Leben

Gedanken zur Europawahl am 25. März

Richten wir unseren Blick zunächst zurück: die 50er Jahren waren die Zeit der ersten europäischen Verträge, Robert Schuman und Konrad Adenauer die Pioniere. Der erste deutsche EG-Kommissar war Walter Hallstein. Die Idealisten träumten von einem europäischen Bundesstaat. Die Idee war umwerfend, 12 Jahre nach dem Kriegsende an ein einiges Europa zu denken. Die Dimension des Gedankens muss man sich heute, fast 60 Jahre danach, einmal bewusst machen!
Es war richtig, Deutschland in die westliche Völkerfamilie zu integrieren, den Platz an der Seite der Franzosen, der Italiener oder der Briten zu finden. 12 Jahre zuvor hatten die Soldaten noch gegeneinander gekämpft.
Wir müssen dankend bekennen: Deutschland ist zu einem Teil des freien Europas geworden. Es ist eingerahmt in den Verbund der europäischen Staaten und es kann somit keine „Extratouren“ mehr unternehmen, wie wir sie im letzten Jahrhundert zweimal und mit jeweils fürchterlichenWerner Falk-019 Auswirkungen erfahren mussten. Die Zugehörigkeit zu dieser großen Familie hat uns ein halbes Jahrhundert Frieden gebracht. Ich wünsche mir, dass es so bleibt und wir als Deutsche nie mehr in Versuchung kommen, in Europa eine Rolle zu spielen, die uns von den Nachbarn entfernt.
Wir müssen heute aber auch feststellen: Die große Idee des Einigungswerks ist in den politischen Hintergrund gedrängt worden durch kleinlichen Streit um Details. Wir erkennen: die Bürokratie ist das, was in Europa am besten funktioniert. Sie hat sich wie eine Hydra hineingefressen in das Bewusstsein der Menschen, wobei diese Wahrnehmung nicht überall in Europa gleich empfunden wird. Wir als Deutsche müssen uns aber selbst den Spiegel vorhalten bevor wir andere schuldig sprechen: Wir sind oft päpstlicher als der Papst, wir begnügen uns nicht mit allgemeinen Vorgaben, wir möchten alles bis aufs Komma geregelt haben. Die Gründlichkeit ist nun einmal eine deutsche Tugend. Nebenbei bemerkt: Es waren nicht einmal die viel gescholtenen europäischen Bürokraten, die die legendären Standards der Gurken für notwendig hielten, sondern international agierende Handelskonzerne.
Wir werden immer wieder mit neuen, sonderbaren Kommissionsvorschlägen konfrontiert, obgleich uns seit Jahren die Parteien versprechen, dass es weniger Bürokratie geben soll. Die europäische Bürokratie ist zu einem Selbstzweck geworden, d.h. sie liebt es, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Man denke nur an die vielen Gremien, die absolut uneffektiv, ja oftmals unnütz arbeiten, aber die Gewissheit haben, dass von ihnen niemals konkrete Ergebnisse erwartet werden.
Weil das ist, muss Europa wieder zurück in die Herzen der Menschen. Es darf nicht kopfgesteuert und emotionslos wahrgenommen werden. Diese Forderung erfüllen die vielen Partnerschaften zwischen deutschen und anderen europäischen Städten. Wir sollten noch mehr Verbindungen eingehen, denn sie sind die Garantie dafür, dass sich die Menschen nie mehr feindseelig gegenüberstehen. Beispielsweise will ich mich dafür einsetzen, dass wir analog der trinationalen Partnerschaft Mittelfrankens (mit dem französischen Limousin und dem polnischen Pommern) in Gunzenhausen eine Partnerschaft mit einer polnischen Stadt eingehen. Damit können wir ein Zeichen setzen, dass die Generation von heute bereit ist, mit polnischen Menschen genauso freundschaftlich zu verkehren wie mit französischen oder italienischen. Das ist Europa ganz konkret und nicht abstrakt. Und so erscheint uns Europa ganz nah und nicht als ein abstraktes Wesen.
Wir sollten nicht zu viel verlangen von Europa, denn Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Es ist viel geschehen in mehr als fünfzig Jahren. Vieles ist erscheint uns heute als selbstverständlich: der grenzenlose Reiseverkehr und auch die einheitliche Währung. Europa ist heraus aus dem Alter des romantischen Verliebtseins, die Alltagssorgen bestimmen das Leben. Wenn man so will, ist es wie in der Ehe zweier Menschen. Wir erleben ein Stück Normalität. Aber wir können es drehen und wenden wie wir wollen: Es gibt keine Alternative zu Europa!
Wir wollen nicht den europäischen Einheitsbrei, sondern ein friedliches Miteinander der Völker mit einem ausgeprägten Bewusstsein der Regionen nach dem Motto: Soviel Einheit wie nötig, soviel Vielfalt wie möglich!
Da Stärkste an Europa ist das Europäische Parlament. Es darf uns mit Stolz erfüllen, dass ein Gunzenhäuser, nämlich Dr. Ingo Friedrich, 30 Jahre dem Parlament angehört hat und zuletzt sein Vizepräsident war. Wir erwarten von Europa, dass mehr politisch entschieden und weniger administrativ verordnet wird. Das Parlament sehe ich als das wichtigste Organ, nicht die Kommission und auch nicht den Ministerrat. Und die Besten müssen nach Europa. Ich wage die Aussage: Wären mehr europäische Politiker so leidenschaftlich wie es Dr. Ingo Friedrich war und noch immer ist, Catherine Asthon und Herman Van Rompuy, auf die beiden europäischen Nonames, könnten glatt verzichten. Wir müssen aber auch erkennen, dass es die europäischen Staatschefs sind, die keine anderen Götter neben sich wollen. Wir können nur hoffen, das in Zukunft stärkere Persönlichkeiten mit mehr Durchsetzungskraft in die Verantwortung kommen.
Europas Bürger müssen ein starkes Signal setzen am 25. Mai, dem Tag der Wahl des neuen Europaparlaments. Es darf nicht die Bequemlichkeit siegen. Es geht schließlich um ein Europa für mich und dich! Und mancher wird sich fragen: Wozu brauchen wir Politiker in Straßburg? Die Antwort: Weil es um Freiheit und gegen Reglementierung geht, um regionale Vielfalt und gegen einen europäischen Zentralismus und um ein starkes Europa in einer globalen Welt.
WERNER FALK

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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One Thought on “Europa ist unser Leben

  1. Daniel Ammon, Merkendorf on 23. Mai 2014 at 11:37 said:

    Lieber Herr Falk. Ich stimme mit Ihren Gedanken voll überein. Die EU ist ein Gebilde, dass uns seit mehr als 60 Jahren Frieden in Europa beschehrt hat. Deshalb ist es unsere Aufgabe und (fast) die Pflicht am 25. Mai zum Wählen zu gehen. So können wir ein Europaparlament nach unseren Wünschen mitgestalten. Die EU-Wahl ist die zweitgrößte Wahl in der Welt, und wir können stolz darauf sein, ein Teil dieses Europas zu sein. Nicht umsonst hat die EU 2012 aus Norwegen, das ja selbst nicht EU-Mitgliedsland ist und zwei Referenden zu diesem Thema negativ von den 5 Mio. Norwegern bewertet wurde, den Friedensobelpreis für die Arbeit und für den Frieden innerhalb der EU erhalten. So waren wir damals alle 505 Mio. Einwohner der EU ein Stück „Friedensnobelpreisträger“, weil wir ein Teil dieser Gemeinschaft sind. Wer kann das von sich behaupten? Wenn Brüssel oft als Bürokratiemonster angesehen wird, so muss wieder, wie Sie gesagt haben, die europäische Idee zu den Menschen durch Partnerschaften kommen. Die Förderung der Regionen Europas wird weiter in den Vordergrund gerückt werden. So sollten auch wir Franken für eine gemeinsame liebenswerte Region Franken, die vom Rennsteig bis Eichstätt, von Hohenlohe und Main bis zum Frankenwald reicht, gemeinsam einstehen. Also geht wählen. Ihr tut es für Euch! VIele Grüße Daniel Ammon

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